Walpurgisnacht von Alfred Felder


Uraufführung am 27. März 2020

von Gilgenreiner


Goethes Walpurgisnacht aus Faust I handelt in einer magischen Welt, die sprachlich vieldeutig, klangrauschend, sinnbetörend ist. Diese Welt verlangt nach Musik! Alles Rationale scheidet aus: Klang und Bild sind alles! 
Wo fass ich dich, unendliche Natur?”  Diese zentrale Frage, die Goethe Faust sprechen lässt, steht am Anfang meiner Walpurgisnacht-Oper.

Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält!“  Diese Suche nach dem Sinn des Lebens, die Unzufriedenheit mit der menschlichen Begrenzung, aber auch diese Gier, dieser Zwang nach Wissen, alles benennen zu wollen, führt Faust zum Pakt mit Mephistopheles, der ihm verspricht,  “Ich gebe dir, was noch kein Mensch gesehn.” Es geht Faust aber nicht nur um Erkenntnis, sondern vor allem auch ums Erleben, um sinnliches Erleben. Mephisto führt Faust auf den Brocken, um von den Geschehnissen und von Gretchens Schicksal abzulenken.
Hier beginnt meine Oper.
Die letzte Nacht im April wurde als heidnisch-germanisches Frühlingsfest gefeiert.  Es ist die Nacht, die auf dem Brocken in der Harz mit Fruchtbarkeitsriten gefeiert wurde, ein euphorisches Fest mit viel Feuer, wilden, hemmungslosen Tänzen und sexuellen Exzessen.
Ein Fest aber auch als Danksagung an die Natur, die jeden Frühling wieder neu erwacht, uns nährt und wärmt. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts erfuhr diese Feier eine christliche Umdeutung zum Fest der heiligen Walpurga. Daher der Name Walpurgisnacht.

Im Nachlass Goethes fand man ein 32-seitiges Heft, in dem Goethe eigenhändig eine Satansaudienz, eine höllisch-obszöne Bergpredigt und Hexenchöre notiert hat. Ein Teil dieser unveröffentlichten Verse habe ich in mein Libretto eingefügt und vertont. Es sind Verse von einer derben Kraft, die hier, meines Wissens, zum ersten Mal öffentlich aufgeführt werden. Verse von Goethe als Uraufführung!

In Goethe’s Original tritt Margarete in der Walpurgisnacht nur als Vision auf. Bei mir wird diese Vision Wirklichkeit. Gretchen, wie Faust sie so liebevoll nennt, tritt auf in diesem wilden Hexensabbat, Faust beschützt sie, vor dem Zugriff der Inquisitions-Mönche, die den Choral „Media vita in morte sumussingen. Das sind die einzigen nicht originalen Verse. Jedes andere Wort in meiner Oper ist von Goethe. 

Geheime tiefe Wunder öffnen sich“, die sich jedes Jahr im Frühling von Neuem wiederholen. Faust und Gretchen singen das gemeinsam, bevor dann der feurige Schluss-Tanz beginnt. Körperliche Sinneslust wird hier als Frühlings-Dankesfest gefeiert.  Da finden wir uns in diesem Kreislauf der Natur selbst wieder - als Menschen, die auf der Suche sind, die Schöpfung, in der wir leben, besser zu begreifen. Und so behandelt diese Oper ein sehr aktuelles Thema: eine Aufforderung, zu dieser, unserer Natur Sorge zu tragen.

 

Alfred Felder

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